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"Jetzt tickt sie wieder richtig"

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 11/2024

Um fünf nach zwölf war die 1882 erbaute Turmuhr in der St.-Petri-Kirche im vergangenen Jahr stehengeblieben. Für die Westersteder Volksbank war schnell klar, dass das Wahrzeichen der Stadt erhalten werden muss. Mit 12.000 Euro steuerte sie zusammen mit der VR-Stiftung den Löwenanteil zur Sanierung des imposanten mechanischen Meisterwerks der Zeitmessung bei.

Pfarrer Michale Kühn (r.) und Bankvorstand Stefan Terveer, Volksbank Westerstede eG, freuen sich über die erfolgreiche Instandsetzung der Turmuhr in der St. Petri-Kirche.

Rund 500 Einzeleinteile ergeben in ihrer ein Gesamtheit ein Meisterwerk der mechanischen Uhrenkunst. Diese ist nach einer aufwendigen Restaurierung seit einigen Wochen wieder in der Stadt Westerstede in der St.-Petri-Kirche zu bewundern. „Jetzt tickt sie wieder richtig“, sagt Michael Kühn, Pfarrer der evangelisch-lutherischen St.-Petri-Kirchengemeinde. Zufrieden blickt er auf den 48 Meter hohen Turm. Oben zeigt die sogenannte Weule-Uhr aus dem Jahr 1882 nun wieder die korrekte Zeit an. Darüber freut sich auch Stefan Terveer, Vorstandsmitglied der Volksbank Westerstede eG: „Der Kirchturm mit der Turmuhr ist ein Wahrzeichen der Stadt. Als sie im vergangenen Jahr stehengeblieben ist, war für mich schnell klar, dass wir alles mobilisieren müssen, um sie wieder in Gang zu bringen.“ Die Alternative einer digitalen Variante sei schnell verworfen worden.

Kosten: Löwenanteil steuert Volksbank bei
Die Volksbank Westerstede eG hat zusammen mit der VR-Stiftung der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Norddeutschland 12.000 Euro für die notwendige Restaurierung „mobilisiert“. Durch Spenden von weiteren Firmen, Bürgerinnen und Bürger aus Westerstede sowie aus den Kollekten kamen weitere 14.500 Euro und somit insgesamt 26.500 Euro zusammen. Damit waren die Kosten der Reparatur gedeckt. Zusammen mit Sponsoren und Vertretern der Kirchengemeinde haben sich Pfarrer Michael Kühn und Bankvorstand Stefan Terveer Ende September nun den Film über die Restaurierungsarbeiten und den Wiedereinbau in den Kirchturm angeschaut. Anschließend ging es hoch zum „Vogelhäuschen“, wie der kleine Holzverbau genannt wird, in dem die Turmuhr mit der imposanten Mechanik und einem einzigartigen Eichenpendel im 3. Obergeschoss steht und von einem aufwendigen Konstrukt von Stahlseilen und Gewichten angetrieben wird. Letztere befinden sich im tiefergelegenen 2. Obergeschoss des Kirchturms. „Allein der Einbau hat drei Tage lang gedauert“, sagt Pastor Michael Kühn. Der Film zeigt, wie die Einzelteile vorsichtig die enge Kirchturmtreppe hochgetragen oder auch durch eine kleine Deckenöffnungen mittels Seilwinden hochgehievt worden sind.   

Der Mercedes unter den Turmuhren
Die Turmuhr, die von der von 1826 bis 1966 bestehenden Turmuhrenfabrik und Glockengießerei Weule im südniedersächsischen Bokenem hergestellt worden ist, konnte dank des vereinten Engagements der Westersteder Förderer wieder ihrer Bestimmung zugeführt werden. Weule Uhren waren Qualitätsprodukte und galten im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als „Mercedes unter den Turmuhren“, die weltweit gefragt waren. Heute sind nur noch wenige dieser Turmuhren im Einsatz. Pastor Michael Kühn spricht von 2 bis 3 Exemplaren dieser Art, die noch in deutschen Kirchtürmen ticken. Denn auch an der besten Qualität nagt der Zahn der Zeit. „Unsere Turmuhr in Westerstede ist in den vergangenen 50 Jahren eigentlich nie repariert worden; allenfalls ist sie mal gewartet worden“, erklärt der Pastor.

Stillstand um fünf nach zwölf
Und so passierte, was passieren musste. Die Turmuhr gab zum denkbar unglücklichsten Zeitpunkt „das Ticken“ auf. Pünktlich zur 900-Jahr-Feier der Stadt im vergangenen Jahr stand die Zeit in Westerstede still, passenderweise um fünf nach zwölf. „Wir haben alle gedacht, das kann jetzt nicht sein“, erinnert sich Stefan Terveer. Zeitnah wurde der Auftrag an die Spezialfirma Otto Buer Glocken- und Uhrentechnik im holsteinischen Neustadt erteilt. Der Traum von Stephan Terveer, dass der Zeitmesser zum Ende des Jubiläumsjahr wieder „richtig tickt“, ging allerdings nicht in Erfüllung. Zu aufwendig seien die Arbeiten gewesen, berichtet Pastor Michael Kühn. Einige Teile hätten aufgearbeitet werden können, viele Teile hätten aber neu hergestellt werden müssen. Deshalb habe auch die Testphase länger gedauert als ursprünglich geplant.

Historische Erbe bewahren
Seit Mitte März steht die Turmuhr wieder in neuem Glanz an alter Stelle. „Aber es hat einige Wochen gedauert, bis sich alles eingespielt und sich auch das Eichenpendel akklimatisiert hat“, erklärt Michael Kühn, der den imposanten Zeitmesser in der St.-Petri-Kirche nach nunmehr vollständiger Restaurierung und abgeschlossener Einstellung präsentieren konnte. Auch das Aufziehen der Uhr sei nun geregelt. So wurde der örtliche Uhrmachermeister Thilo Schmidt und ein weiterer Kirchenmitarbeiter in dieses aufwendigen Aufziehverfahren von der Fachfirma Otto Buer eingewiesen. Thilo Schmidt werde dabei künftig auch kleine Wartungsarbeiten übernehmen, damit die Zeit in Westerstede nicht so schnell wieder stillsteht.

Für Stefan Terveer ist mit der Instandsetzung der Kirchturmuhr ein wichtiger Schritt erfolgt, um das historische Erbe der Gemeinde zu bewahren: „Den Erhalt und die Förderung von Kultur und regionaler Identität betrachten wir als genossenschaftliche Bank als eine wichtige Aufgabe. Im Fall der Turmuhr kann ich persönlich auch von einer Herzensangelegenheit sprechen.“